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Das antifragile Mindset – wachse in einer unsicheren Umwelt

Das antifragile Mindset ist eine Alternative zum Krisendenken

Die Welt ist unberechenbar, komplex und erscheint zeitweise grausam. Um uns in ihr zurechtzufinden, entwickeln wir Modelle, um unsere Umwelt zu verstehen und die Zukunft zu berechnen. Doch die Welt bleibt unberechenbar, Krisen passieren trotz aller Versuche, Ereignisse vorauszuahnen. Unsere Methoden sind unzulänglich. Unsere Berichterstattung kennt nur noch Krisen und schürt die Angst. Wir kaufen Regale leer, weil die Versorgung knapp werden könnte.

Doch es gibt eine Lösung, eine neue Haltung, mit der wir uns besser in der Welt orientieren können. Eine Alternative zum Krisendenken.

Wenn wir unsere Zukunft nicht berechnen können, wie können wir uns dennoch gegen Krisen wappnen? Wir können versuchen, uns Krisen zunutze zu machen und lernen von Unsicherheiten und Unberechenbarkeit zu profitieren, anstatt darunter zu leiden. Es ist Zeit, sich mit dem Konzept der Antifragilität vertraut zu machen und das antifragile Mindset.

(Bonus: Am Ende des Artikels weißt du außerdem, wie du besser auf Reisen gehst und eine neue Sprache lernst.)

Was ist ein „antifragiles Mindset“?

Die Idee des „antifragilen Geistes“ (anti fragile mind) wurde von Nassim Taleb vorgeschlagen, der ihn als einen Geist betrachtete, der in der Lage ist, zu wachsen und den Schocks und Erschütterungen des Lebens standzuhalten.

Seiner Beschreibung dieses Geisteszustands zufolge ist die antifragile Person eine Person, die in einer unbeständigen, zufälligen, unordentlichen Welt voller Stressfaktoren gedeiht.

Du hast diese Personen garantiert schon getroffen und bist selbst bereits diese Person gewesen. Denke an panische Momente auf Reisen. Denke an überstandene Krisen.

Was dich nicht umbringt

Nature builds things that are antifragile. In the case of evolution, nature uses disorder to grow stronger. Occasional starvation or going to the gym also makes you stronger, because you subject your body to stressors and gain from them.

Nassim Nicholas Taleb, Antifragile: Things That Gain from Disorder (2012)

Antifragilität klingt hochgestochen und kompliziert, aber selbst du hast schon von der Antifragilität der Natur profitiert. Der klassische Gang ins Fitnessstudio macht dich stärker, solange du nicht übertreibst (und dir tatsächlich schadest). Und sogar der Volksmund ist mit Antifragilität vertraut: „Was dich nicht umbringt, macht dich nur stärker.“ Suche nach Beispielen in deiner Vergangenheit und du wirst entdecken, was das für dich bedeutet.

Unvorhergesehene Ereignisse können und werden eintreten

Wir versuchen mit aller Kraft, die Natur auszutricksen. Wir bauen fragile, zerbrechliche Systeme, mit denen wir versuchen, die Welt zu kontrollieren. Indem wir die Zukunft versuchen vorherzusagen, meinen wir uns vor den Erschütterungen von Krisen zu schützen. Scheitert die Vorhersage, bricht das fragile System zusammen. Ein Glas während eines Erdbebens.

Nassim Nicholas Taleb schlägt uns ein antifragiles Mindset vor, mit dem wir davon ausgehen, dass unvorhergesehene Ereignisse eintreten können und werden. Durch ein antifragiles Mindset überleben wir in einer Welt voller Unsicherheiten. Schauen wir uns das am Beispiel Sprache an.

„Sechs. Setzen.“

Ich brachte zuverlässig eine 4 in Französisch nach Hause. An sich mochte ich Französisch und sogar meinen Lehrer. Ich mochte es so sehr, dass ich beschloss, nach der Schule in Frankreich zu arbeiten, um die Sprache zu lernen. Denn obwohl ich die Sprache mochte, habe ich im Unterricht doch tunlichst eines vermieden: zu sprechen. Zum einen ist der Unterricht nicht auf lange und dringliche Alltagsgespräche ausgelegt. Zum anderen habe ich mich um (mündliche) Beteiligung gedrückt, so sehr ich konnte, weil ich meistens die Wahl hatte. Ein bequemes, behütetes Umfeld, um keine Sprache zu lernen. Nach wenigen Monaten in Frankreich erhielt ich Komplimente von französischen Mitfahrern über meine tolle Aussprache und meinen Wortschatz in der Landessprache. Ich liebte es. Und doch musste ich mich, vor allem am Anfang, immer wieder überwinden, um zu sprechen. Um Fehler zu machen. Stress machte mich besser. Genau wie ein antifragiles System mit Stress besser wird.

Kein Baby schaut zuerst ins Textbuch, um seine Muttersprache zu lernen

“I don’t know anyone who ever learned to speak his mother tongue in a textbook, starting with grammar and, checked by biquarterly exams, systematically fitting words to the acquired rules. You pick up a language best thanks to situational difficulty, from error to error, when you need to communicate under more or less straining circumstances, particularly to express urgent needs (say, physical ones, such those arising in the aftermath of dinner in a tropical location).”

Jeder Mensch, der eine Fremdsprache in der Schule gelernt hat und das Glück hatte, die Fremdsprache im Ausland zu sprechen, macht eine ähnliche Entdeckung. Umgeben von Muttersprachlern, umgeben von der Sprache selbst machst du fast zwangsläufig Fortschritte, solange du dich traust, zu sprechen.

Besser noch: Du wirst gezwungen, eine fremde Sprache zu sprechen, wenn keiner deine Sprachen beherrscht und du unbedingt kommunizieren musst.

Im Klassenzimmer lernen wir Grammatik aus Büchern, um uns vor dem Stress einer echten Sprachsituation zu schützen. Eine schmerzfreie und denkbar ineffektive Methode. Fragiles Denken.

Suche das Umbequeme. Der antifragile Reisestil.

Life’s greatest moments and deepest connections are outside of your comfort zone.

Instagram-Bio von @yestheory

Einige Lesende kennen vielleicht den YouTube-Channel Yes Theory. Regelmäßig reisen sie in die ärmsten Länder, erkunden unpopuläre Orte, springen aus Flugzeugen – aus ihrem Motto „Seek Discomfort“ haben sie ein eigenes Modelabel geschaffen. In ihren Videos siehst du Antifragilität in Action. Wenn du als Reisender oder digitaler Nomade unterwegs bist, dann kommst du auch hin und wieder in unbequeme Situationen. Doch versuchst du sie zu vermeiden, beschwerst du dich hinterher über negative Erfahrungen oder freust du dich über Learnings? Nur du bestimmst, wie sehr du bei deinen Reisen davon profitieren kannst. Besser noch: Suche unbequeme Situationen und nimm eine aktive Rolle ein, statt nur Beifahrer zu sein.

Eine kleine, unvollständige Liste an Learnings, die ich persönlich aus dem Buch Antifragile: Things That Gain from Disorder (Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen) mitgenommen habe und mit dir teilen möchte:

  • Suche unbekannte Situationen auf oder begrüße sie zumindest, wenn sie passieren (Was kann ich dabei lernen?)
  • Bemühe dich Fehler zu machen, anstatt sie zu vermeiden
  • Lerne spontan auf Situationen zu reagieren, statt sie immer vorauszuahnen (Overthinker, ich spreche mit dir)
  • Wiederhole unangenehme Situationen, bis sie nicht mehr unangenehm sind

Erkenne Chancen und schaffe Optionen

Ein antifragiler Geist bedeutet, bessere Beziehungen und bessere Möglichkeiten zu haben. Mehr noch, es bedeutet, sich selbst eine Chance zu geben, sich in dieser Welt zu behaupten. Verwandele deine Fehler in Chancen, anstatt dich selbst zu verurteilen. Feiere deine Stärken selbst in den tiefsten Momenten. Mit diesem Mindset überlebst du nicht in einer unsicheren Welt. Du blühst auf.